Pharmakodynamik
Das Parasympatholytikum Butylscopolamin ist ein Antagonist an muskarinischen Acetylcholin-Rezeptoren. Die Substanz wirkt spasmolytisch bei Krämpfen der glatten Muskulatur des Gastrointestinaltraktes, der Gallenwege und der Harnwege. Als polares Molekül besitzt Butylscopolamin im Gegensatz zu Scopolamin keine zentralen Effekte und die Wikung bleibt bei peroraler Applikation hauptsächlich auf den Darm beschränkt.
Pharmakokinetik bei Kindern
Es liegen keine speziellen Daten für Kinder vor.
Erwachsene
Absorption
Aufgrund seines quartären Stickstoffatoms wird Butylscopolaminium nach oraler oder rektaler Gabe nur in geringem Umfang resorbiert. Die mediane absolute Bioverfügbarkeit von 100 mg Butylscopolaminiumbromid (appliziert als z.B. Filmtabletten, Suppositorien oder Tropfen) liegt unter 1 %. [Ref.]
Verteilung
Butylscopolaminium hat eine hohe Affinität zu muskarinischen und nikotinischen Acetylcholin-Rezeptoren und verteilt sich nach parenteraler Gabe hauptsächlich in glatte Muskelzellen und intramurale Ganglien der Abdominal- und Beckenorgane. Die Plasma-Protein-Bindung beträgt ca. 4,4 %. Butylscopolaminiumbromid interagiert schwach mit dem Cholin-Transport in humanen Zellkulturen des Plazenta-Epithels (Ki = 0,63 mM/L). [Ref.]
Metabolismus und Elimination
Nach oraler Gabe von Einzeldosen von 100 bis 400 mg beträgt die terminale Eliminations-Halbwertszeit 6,2 bis 10,6 Stunden. Butylscopolaminium wird hauptsächlich über hydrolytische Spaltung der Ester-Bindung metabolisiert. Oral appliziertes Butylscopolaminiumbromid wird über Faeces und Urin ausgeschieden. Ca. 90 % der Radioaktivität wurden nach oraler Gabe in den Faeces gefunden; im Urin fanden sich abhängig von der Applikationsart bis zu 5 % der Radioaktivität. Nach oraler Gabe von 100 bis 400 mg lag die durchschnittliche Clearance zwischen 881 und 1420 L/min; die korrespondierenden Verteilungsvolumina betrugen 6,13 – 11,3*105 L (vermutlich bedingt durch die niedrige systemische Verfügbarkeit). Die renal ausgeschiedenen Metaboliten tragen aufgrund ihrer niedrigen Affinität zu muskarinischen Rezeptoren vermutlich nicht zur Wirkung von Butylscopolaminiumbromid bei. [Ref.]
Zulassung der Dosierungsempfehlungen
- Spasmen des Gastrointestinaltraktes
- rektal
- ≥6 Jahre bis <18 Jahre: off-label
- oral
- ≥6 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen
- Spasmen des Gastrointestinaltraktes, der Gallenwege und der Harnwege
- intravenös/intramuskulär
- ≥2 Jahre bis <6 Jahre: off-label
- ≥6 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen
Auszug aus Fachinformation
Auszug aus Fachinformation
Textauszug aus Fachinformation
Oral zur Behandlung von leichten bis mäßig starken Spasmen des Magen-Darm-Traktes, sowie zur Behandlung spastischer Abdominalbeschwerden beim Reizdarmsyndrom
Kinder ab 6 Jahre und Erwachsene
- Einzeldosis: 10 – 20 mg
- Maximale Tagesdosis: 60 mg
[Ref.]
Intramuskulär/intravenös bei Spasmen im Bereich von Magen, Darm, Gallenwegen und ableitenden Harnwegen sowie des weiblichen Genitale. Zur Erleichterung von endoskopischen Untersuchungen und zur Funktionsdiagnostik bei Untersuchungen des Gastrointestinaltrakts
Kinder ab 6 Jahren und Jugendliche
- Einzeldosis: 0,3 – 0,6 mg/kg KG
- Tagesdosis: 1,5 mg/kg KG
- Die Injektion kann i.m., s.c. oder langsam i.v. erfolgen
[Ref.]
Präparate im Handel
Überzogene Tabletten 10 mg
Ampullen 20 mg/ml
Es ist kein rektales Monopräparat als Fertigarzneimittel im Handel, jedoch ist eine Herstellung in der Apotheke möglich.
Kombinationspräparate mit Paracetamol:
- Filmtabletten (10 mg Butylscopolaminiumbromid, 500 mg Paracetamol)
- Zäpfchen (10 mg Butylscopolaminiumbromid 800 mg Paracetamol)
Präparate im Handel (Beispiele):
T0: nicht teilbar
Lieferengpässe/weitere praktische Informationen
Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)
Dosierungsempfehlungen
Spasmen des Gastrointestinaltraktes |
- Rektal
- Oral
-
≥ 6 Jahre
[2]
-
Butylscopolaminiumbromid:
10
- 20
mg/Dosis
3-5 x täglich.
|
Spasmen des Gastrointestinaltraktes, der Gallengänge und der Harnwege |
- Intravenös
-
2 Jahre
bis
6 Jahre
-
Butylscopolaminiumbromid:
5
mg/Dosis
1-3 x täglich.
off-label
-
6 Jahre
bis
16 Jahre
-
Butylscopolaminiumbromid:
10
mg/Dosis
1-3 x täglich.
-
≥ 16 Jahre
-
Butylscopolaminiumbromid:
20
mg/Dosis
1-3 x täglich.
- Intramuskulär
-
2 Jahre
bis
6 Jahre
-
Butylscopolaminiumbromid:
5
mg/Dosis
1-3 x täglich.
off-label
-
6 Jahre
bis
16 Jahre
-
Butylscopolaminiumbromid:
10
mg/Dosis
1-3 x täglich.
-
≥ 16 Jahre
-
Butylscopolaminiumbromid:
20
mg/Dosis
1-3 x täglich.
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Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate
Keine Informationen zur Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörung vorhanden.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Kindern
Trockener Mund, Tachykardie, Schwindel. Bei parenteraler Verabreichung außerdem eine leichte Zunahme der Herzfrequenz, Blutdrucksenkung und bei hohen Dosierungen kurzzeitige Akkomodationsstörungen.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein
- Erkrankungen des Immunsystems
- Überempfindlichkeitsreaktionen: Dyspnoe, anaphylaktische Reaktionen, anaphylaktischer Schock mit Blutdruckabfall und Flush, Ausschlag, Hautrötung (Häufigkeit unbekannt) [Ref.]
- anticholinerge Effekte
- Hemmung der Schweißsekretion (mit Auftreten von heißer roter Haut), Hemmung der Speichelsekretion (Mundtrockenheit), Miktionsstörungen (Häufigkeit unbekannt) [Ref.]
- Augenerkrankungen
- occuläre Akkomodationsstörungen und erhöhte Lichtempfindlichkeit (1-10 %) [Ref.]
- Herzerkrankungen
- Tachykardie (1-10 %) [Ref.]
- Gefäßerkrankungen
- Schwindel (1-10 %) [Ref.]
Kontraindikationen allgemein
- mechanische Stenosen des Magen-Darm-Trakts
- paralytischer oder obstruktiver Ileus
- Megakolon
- Harnverhalt bei subvesikaler Obstruktion (z.B. Prostataadenom)
- Engwinkelglaukom
- Tachykardie und Tachyarrhythmie
- Myasthenia gravis
Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern
Butylscopolamin in Zäpfchenform ist nicht bei Koliken infolge von Gallen- oder Nierensteinen wirksam.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein
Für allgemeingültige Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen informieren Sie sich bitte in den aktuellen Fachinformationen.
Wechselwirkungen
- Arzneistoffe mit anticholinerger Wirkung: Verstärkung der anticholinergen Wirkung [Ref.]
- Anticholinergika: Tiotropium, Ipratropium, Atropinartige Verbindungen
- Tri- und Tetrazyklische Antidepressiva
- Amantadin
- Chinidin
- Antihistaminika
- Antipsychotika
- β-Sympathomimetika: Verstärkung der tachykarden Wirkung [Ref.]
- Salbutamol, Fenoterol, Reproterol
- Salmeterol, Formoterol
- Dopamin-Antagonisten: Abschwächung der Wirkung auf die Motilität des Magen-Darm-Trakts [Ref.]
- Zentral-dämpfende Arzneimittel: gleichzeitige Gabe sollte vermieden werden, da die ZNS-Dämpfung verstärkt wird [Ref.]
- Azelastin (nasal)
- Benzodiazepine
- Zolpidem
- Opioide und Opiate
- Neuroleptika
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.
BELLADONNA UND DERIVATE, REIN
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Belladonna-Alkaloide, tertiäre Amine |
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A03BA01
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Referenzen
-
Rademaker C.M.A. et al, Geneesmiddelen-Formularium voor Kinderen [Arzneimittel-Formularium für Kinder], 2007
-
Boehringer Ingelheim, SmPC Buscopan (RVG 03834, 03835, 38356) 22 feb 2014, aufgerufen 31. Oktober 2014
-
EurimPharm Arzneimittel, SmPC Buscopan 10 mg Dragees (66748.00.00), 10/2017
-
Sanofi-Aventis, SmPC Buscopan® Dragées 10 mg (6191661.00.01), 10/2017
-
Sanofi-Aventis, SmPC Buscopan® Ampullen 20 mg/1 ml, Injektionslösung (6191661.00.00), 06/2017
-
Sanofi-Aventis, SmPC Buscopan® Plus, Filmtabletten (2476.00.00), Zäpfchen (2476.00.01), 10/2017
-
AVOXA, ABDA-Datenbank Wirkstoffdossier Butylscopolamin, 06/2017
-
Uptodate, Uptodate: Pediatric Drug Information: Scopolamin Topic 16045 Version 183.0, 08/19
Änderungsverzeichnis
- 20 Juli 2020 17:43: Neue Informationen zu UAW, Kontraindkationen und Interaktionen
Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)
Überdosierung