Pharmakodynamik
H1-Rezeptor-Antagonist der 1. Generation, sedierendes Antihistaminikum mit antiallergischer Wirkung
Pharmakokinetik bei Kindern
Es sind keine speziellen Daten für Kinder verfügbar.
Erwachsene
Clemastin wird rasch und fast vollständig resorbiert. Maximale Plasmakonzentrationen werden nach 2 – 4 h erreicht. Die antihistaminerge Wirkung erreicht ihr Maximum nach 5 – 7 Stunden. Die Wirkdauer beträgt 10 – 12 Stunden, in einigen Fällen sogar 24 Stunden. Die Plasmaproteinbindung erfolgt zu 95 %. Die Elimination verläuft biphasisch mit Halbwertszeiten von 3,6 ± 0,9 h und 37 ± 16 h. Der Wirkstoff wird intensiv in der Leber metabolisiert. Die Metaboliten werden hauptsächlich (45 – 65 %) über die Niere ausgeschieden; nur 0,1 % der verabreichten Dosis wird als unveränderte Substanz renal ausgeschieden. [Ref.]
Zulassung der Dosierungsempfehlungen
- Prävention und symptomatische Behandlung allergischer Erkrankungen und Anaphylaxie
- oral
- ≥1 Monat bis <6 Jahre: off-label
- ≥6 Jahre bis <18 Jahre: zugelassen
- intravenös
- ≥1 Monat bis <1 Jahr: off-label
- ≥1 Jahr bis <18 Jahre: zugelassen
- Anaphylaxie und Angioödem
- intramuskulär
- ≥1 Monat bis <18 Jahre: off-label
Auszug aus Fachinformation
Auszug aus Fachinformation
Textauszug aus Fachinformation
Oral [Ref.]
- Zur Behandlung einer chronisch idiopathischen Urtikaria
- Zur symptomatische Linderung von allergischer Rhinitis (saisonal oder perennial), wenn gleichzeitig eine Sedierung indiziert ist
- Dosierung:
- Kinder ab 6 Jahren: 2 x tgl. 0,5 mg Clemastin, in schweren Fällen 2 x tgl. 1 mg Clemastin
- Kinder von 7 bis 12 Jahren: 2 x tgl. 0,5mg Clemastin, in schweren Fällen bis zu 2x tgl. 1 mg Clemastin
- Jugendliche ab 12 Jahre: morgens und abends je 1 mg, in schweren Fällen täglich bis zu 6 mg verabreicht werden
Parenteral [Ref.]
- Zur Prämedikation gegebenenfalls auch in Kombination mit einem H2-Rezeptor-Antagonisten zur Vermeidung von Histamin-bedingten klinischen Reaktionen vor der Gabe von radiologischen Kontrastmitteln
- Zur kurzfristigen Akutbehandlung von schweren allergischen Erkrankungen
- Dosierung:
- ab 1 Jahr: 0,03 mg/kg KG i.v.
- Zur Ermittlung der korrekten Kinderdosierung siehe Gewichtstabelle in Tavegil Fachinformation [Ref.]
Präparate im Handel
Präparate im Handel (Beispiele):
Präparate |
Stärke |
Problematische Hilfsstoffe |
Verdünnung |
Tavegil® Inj.lösung |
2 mg/2 ml (1 Ampulle ≙ 2 ml) |
Propylenglykol
Alkohol (6,5 Vol.-%) |
Die Injektionslösung kann mit isotoner Kochsalzlösung oder 5 %-iger Glucose-Lösung im Verhältnis von 1:5 verdünnt werden. |
T0: nicht teilbar; T1: teilbar zur erleichterten Einnahme; T2: Teilbar in zwei gleiche Dosen; M: Mörserbar; S: Suspendierbar
Anwendungshinweis: Abhängig vom Volumen sollte eine geeignete Dosierspritze verwendet werden:
- bis 1 ml: Feindosierungsspritze (Tuberkulinspritze) [Ref.]
- ab 1 ml: 2 ml-Spritze [Ref.]
Oral
Präparat im Handel:
Präparate |
Arzneiform |
Tavegil® Tabletten |
1 mg T2 (≙Clemastinfumarat 1,34 mg) |
T2 = in 2 dosisgleiche Teile teilbar
Lieferengpässe/weitere praktische Informationen
Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)
Dosierungsempfehlungen
Prävention und symptomatische Behandlung allergischer Erkrankungen und Anaphylaxie |
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Anaphylaxie und Angioödem |
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Nierenfunktionsstörungen bei Kindern > 3 Monate
GFR ≥10 ml/min/1.73m2: Dosisanpassung nicht erforderlich.
GFR <10 ml/min/1.73m2: Eine allgemeine Empfehlung zur Dosisanpassung kann nicht gegeben werden.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen allgemein
- Sedierung (1-10%)
- Somnolenz (0,1-1%)
- Mundtrockenheit, Kopfschmerzen, Schwindel, Hautreaktionen, Übelkeit, Gastralgie, Obstipation (0,01-0,1%)
- Tachykardie (0,001-0,01%)
[Ref.]
Die vollständige Auflistung aller Nebenwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Kontraindikationen allgemein
Relative
- Engwinkelglaukom
- stenosierendes Magengeschwür
- pyloroduodenale Obstruktion
- Blasenhalsobstruktion
- Leber- und Niereninsuffizienz
Die vollständige Auflistung aller Kontraindikationen ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen bei Kindern
- i.v.-Anwendung: langsame Infusion (Injektionsdauer etwa 2 Minuten) unter Kontrolle der Herzfrequenz [Ref.]
- Kleinkinder reagieren weitaus empfindlicher auf toxische Wirkungen von Antihistaminika als Erwachsene
- Anzeichen einer Intoxikation: Ataxie, Unruhe, Halluzinationen, Erhöhung der Körpertemperatur, Krämpfe gefolgt durch Koma, das möglicherweise zum Tod führen kann
- Bei klassischen Antihistaminika können auch bei therapeutischen Dosierungen reversible Dyskinesie und paradoxe Exzitation (Ruhelosigkeit, Schlaflosigkeit, Tremor, Euphorie, Nervosität und erhöhte Neigung zu Konvulsionen) auftreten
- Kinder <2 Jahre: sedierende Antihistaminika kontraindiziert (da die Verwendung von Promethazin und Deptropin mit dem plötzlichen Kindstod in Verbindung gebracht wurde (Sudden Infant Death Syndrome (SIDS)).
- Dehydrierte Kinder, Kinder mit Schlafapnoe in der Anamnese oder Aufwachschwierigkeiten bzw. bei familiärem Fall des plötzlichen Kindstods: Vorsicht bei der Anwendung geboten!
- nicht-sedierende Antihistaminika: Trotz Fehlens systematischer, kontrollierter Studien an Kindern, ist es wahrscheinlich, dass diese keine zentralen Nebenwirkungen verursachen, da sie die Blut-Hirn-Schranke nicht oder kaum passieren.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen allgemein
- Pat. mit hereditärer Fructose-Intoleranz: Tavegil nicht anwenden [Ref.]
- Pat. mit kardialen Erkrankungen: Vorsicht, da erhöhtes Risiko für Arrythmien [Ref.]
Die vollständige Auflistung aller Warnhinweise ist den aktuellen Fachinformationen zu entnehmen.
Wechselwirkungen
- Die Wirkung von Analgetika, Hypnotika, Narkotika, Psychopharmaka und Alkohol kann verstärkt werden. [Ref.]
- MAO-Hemmer verlängern und verstärken die anticholinergen Wirkungen von Antihistaminika. [Ref.]
- Markolid-Antibiotika (z.B. Erythromycin, Clarithromycin) und Azol-Antimykotika: gleichzeitige Einnahme sollte unterbleiben [Ref.]
Die vollständige Auflistung aller Wechselwirkungen ist den aktuellen Fachinformationen und einschlägigen Wechselwirkungsdatenbanken zu entnehmen.
ANTIHISTAMINIKA ZUR SYSTEMISCHEN ANWENDUNG
In diesem Abschnitt werden Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse zum Vergleich aufgelistet. Arzneistoffe der gleichen ATC-Klasse sind nicht per se untereinander austauschbar. Die Aufzählung darf daher nicht uneingeschränkt als Therapiealternative verstanden werden.
Aminoalkylether |
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Dimenhydrinat
Vomex A®, Vertigo-Vomex®, Vomacur®, Superpep®, Rodavan S®, RubieMen®, Reisegold®
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R06AA52
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R06AA02
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Substituierte Alkylamine |
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R06AB03
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Phenothiazin-Derivate |
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R06AD02
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Piperazin-Derivate |
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R06AE07
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R06AE09
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Andere Antihistaminika zur systemischen Anwendung |
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R06AX27
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R06AX13
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Referenzen
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Rademaker C.M.A. et al, Geneesmiddelen-Formularium voor Kinderen [Arzneimittel-Formularium für Kinder], 2007
-
Brand PLP et al, Werkboek Kinderallergologie [Arbeitsbuch Kinderallergologie], VU-Verlag, 2006, 1. Auflage
-
Kamps WA et al, Werkboek ondersteundende behandeling kinderoncologie [Arbeitsbuch Supportive Therapie in der Kinderonkologie], VU-Verlag, 2005
-
American Academy of Pediatrics, Advanced Pediatric Life Support, Jones and Bartlett Publis, 2007, Revised 4th edition
-
GSK, SmPC Tavegil® Injektionslösung 2 mg/2 ml, Injektionslösung (6521302.00.00), 07/2015
-
GSK, SmPC Tavegil® 1,0 mg Tabletten (6521302.00.01), 08/2016
Änderungsverzeichnis
- 07 November 2019 13:28: Neue Monographie
Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)
Überdosierung